Mittwoch, 7. Juli 2010

Armut in Deutschland – Thema für wenige Betroffene oder die Gesellschaft


Armut Von Thomas Marschner | Duckhome | – Wer in Deutschland die Frage der Armut stellt, wird von nicht wenigen Zeitgenossen etwas komisch an- geschaut. Armut in Deutschland? – Nee, so was gibt es bei uns nicht! – Ach was, wirklich nicht?


Hunger gibt es in Afrika, aber nicht bei uns – ein verbreiteter Irrglaube. Sicherlich haben wir in Deutschland keine Slums mit Wellblechhütten, keine Menschen die auf Müllkippen nach Essbarem suchen oder durch die Vorstädte ziehen auf der Suche nach Nahrung. Aber eine größer werdende Bevölkerungsgruppe ist in ihrer materiellen Ausstattung derart gemindert, dass sie den Anschluss an die übrige Gesellschaft verliert.

Materielle Armut kennzeichnet in den Industriegesellschaften den gesellschaft- lichen Abstieg, der verbunden ist mit sozialer Ausgrenzung. Wer arm ist hat weniger Chancen auf gute Schul- und Berufsausbildung, der Aufstieg aus der Armut ist schwieriger denn je.



Was bedeutet Armut für Deutschland?

Im europäischen Vergleich gehört Deutschland zu den Ländern mit der geringsten Haushaltsgröße, dem höchsten Anteil allein lebender Menschen und dem geringsten Anteil an Haushalten mit Kindern. Die Kinderlosigkeit nimmt weiter zu und mit einem Drittel der Frauen und Männer eines Jahrgangs, die zeitlebens kinderlos bleiben, ist Deutschland weltweit einmalig.

Der so genannte Reproduktionsfaktor (Zahl der durchschnittlich geborenen Kinder) liegt bei 1,2. Jede zehnte Familie mit Kindern ist eine ausländische Familie. In einigen Großstädten haben bereits mehr als 40 Prozent der Kinder und Jugendlichen einen Migrationshintergrund, Tendenz weiter steigend. Deren Reproduktionsrate liegt bei etwa 4. Ein ähnliches Bild zeigt sich in anderen westlichen Nachbarländern.

Die Armutsquote in Deutschland lag 2001 noch bei 13 Prozent und liegt 2009 bei gut 14 Prozent. Laut des Armutsberichtes 2007 vom Deutschen Kinderhilfswerk e.V., ist jedes siebte in Deutschland lebende Kind von Armut betroffen. Nach neuesten Berechnungen leben heute in Deutschland allein 2,5 Millionen Kinder und Jugendliche auf Sozialhilfeniveau. 1,82 Millionen Kinder unter 15 Jahren in Deutschland lebten im September 2008 in Hartz-IV Familien. Immer mehr Kinder müssen auf Taschengeld, Freizeit- und Sportangebote verzichten.

Im September 2009 stellte der paritätische Wohlfahrtsverband fest, dass mehr als jede dritte allein erziehende Mutter oder Vater von Armut betroffen ist. Jeder fünfte Paarhaushalt mit Kindern in Deutschland lebt in Armut. Die Kinderarmut liegt in unserem Land trotz sinkender Arbeitslosenzahlen bei 26 Prozent. Jedes vierte Kind in Deutschland lebt damit in Armut. Infolge der wirtschaftlichen Situation muss mit einem weiteren Anstieg gerechnet werden.

Armutsdefinition in Deutschland und der EU

Zur Betrachtung der Armut, wird die national und EU-weit gebräuchliche Definition des relativen Einkommens-Armutsrisikos zugrunde gelegt. Demnach gilt als armutsgefährdet, wer über weniger als 60% des mittleren Vergleichseinkommens verfügt. Die Berechnung des Äquivalenzeinkommens erfolgt unter Verwendung des Mittelwertes der bedarfsgewichteten Pro-Kopf-Einkommen.
Wer über weniger als das 60 Prozentige Äquivalenzeinkommen verfügt gilt als Arm. Der Anteil der Haushalte innerhalb der EU, die mit der von der EU festgelegten Armutsgrenze von 938 Euro auskommen müssen steigt. Bereits vor der Einführung von Hartz IV im Jahre 2003 waren es etwa 4 Millionen.

Für das Jahr 2006 hat das Amt für Statistik Berlin-Brandenburg für einen 1-Personen-Haushalt eine Armutsrisikogrenze von mtl. 706 € errechnet. Die Armutsrisikogrenze für einen Haushalt mit zwei Personen ab 15 Jahren liegt bei 1059 €, die eines Haushaltes mit drei Personen, davon ein Kind unter 15 Jahren, bei 1271 €.

Die Reichtums- und Armutsverteilung


Von 1998 bis 2003 stieg die Zahl der Bürger die mehr als eine halbe Million Euro besitzen auf 1,6 Millionen Deutsche. Den reichsten zehn Prozent der Bevölkerung gehören fast 50 Prozent des auf rund fünf Billionen Euro geschätzten Nettogesamtvermögens. Der Vermögensanteil der unteren fünfzig Prozent alle Haushalte am Nettogesamtvermögen beläuft sich gerade einmal auf 190.000 Milliarden Euro. Die unteren 30 Prozent haben statistisch gesehen gar keinen Anteil am Nettovermögen.
60 Prozent der Menschen in Deutschland zählen noch zur Mittelschicht mit einem monatlichen Nettoeinkommen zwischen 860 und 1.844 Euro (Singlehaus- halte), Geringverdiener erhielten im Jahr 2008 nur 645 Euro. Stark gestiegen ist vor allem die Zahl der Menschen mit niedrigem Einkommen, von 18 Prozent 2000 auf fast 22 Prozent 2009. In Ostdeutschland zeigt sich ein noch stärkerer Anstieg dieser Gruppe von rund 24 Prozent im Jahr 2000 auf inzwischen 31 Prozent im letzten Jahr.

Während in der Steuerklasse Eins etwa 47 Prozent des Einkommens durch Steuern und Versicherungen wegfallen, bedeuten die Steuern und Abgaben bei Einkünften oberhalb von 100.000 Euro nur noch 25 Prozent. Bei den Berliner Finanzämtern haben für das Jahr 2005 368 Personen Einkünfte von mehr als 1.000.000 € im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung angegeben.

Die Anzahl der Personen mit Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit von mehr als 500.000 € beläuft sich für das Jahr 2005 auf 245 Personen. Für das Jahr 2006 haben 404 Personen Einkünfte von mehr als 1.000.000 € im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung angegeben. Die Anzahl der Personen mit Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit von mehr als 500.000 € beläuft sich für das Jahr 2006 auf 273 Personen.

Im vergangen Jahr stiegen die weltweiten Vermögenswerte von Privatanlegern, die in Bargeld, Aktien, Wertpapieren oder Fonds angelegt sind, wiederum um 11,5 Prozent auf eine Gesamtsumme von 111,5 Billionen Dollar. Damit wurden die Verluste aus dem Krisenjahr 2008 mehr als wettgemacht. Das geht aus einer Studie der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) hervor. mehr bei duckhome...

Quelle: Duckhome

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