Donnerstag, 24. Juni 2010

Au-weia - Wohin mit dem Gold

"Ab in die Rettungsbote!" - heißt es. Und mit Rettungsboten ist das Gold gemeint. Es soll bei einer Inflation das eigene Kapital retten. Aber es gibt auch den Spruch "Gold kann man nicht essen." Was ist dran am Gold als Retter vor der Inflation. Egon W. Kreutzer beschreibt in seiner unnachahmlichen Art ob die Rettungsboote wirklich den Sturm überstehen oder mit ihrem Geld absaufen...

Au-weia - Wohin mit dem  Gold
Trotz Gold auf dem Trockenen?
Schriften über das Gold füllen ganze Bibliotheken. Im Internet nimmt die Zahl der Aufsätze ständig zu, die, während sie vor dem Wertverlust der Papierwährungen warnen, das Hohelied des Goldes singen, um damit den Run auf das Gold immer weiter anzuheizen.

Dem Kern der Botschaft kann nicht widersprochen werden. Er ist einfach, einleuchtend und wahr:

Gold ist ein (unvergänglicher) Sachwert.

Problematisch sind allerdings die Ableitungen, die von dieser Wahrheit getroffen werden, um große, kleine und selbst kleinste Anleger in jenes goldene Rettungsboot zu locken, mit dessen Hilfe sich angeblich jeder, der seine fünf Sinne beisammen hat, vor dem ganz großen Verlust in Sicherheit bringen kann. Denn sogar für Gold gilt:

Es ist nicht alles gut, was glänzt.
(und schon gar nicht für jeden)

Für Geldanleger gibt es im Grunde nur ein einziges Motiv, sich mit Gold einzudecken - nämlich den Versuch, mit Gold sicher durch die Inflation zu kommen.

Mit Gold sicher durch die Inflation?

Ich fürchte, da machen einige die Rechnung ohne den Wirt.

Man muss, wenn man die Gefahren der Inflation aufzeigen und die Chancen, diese mittels Gold zu umgehen, analysieren will, damit beginnen, zwei - gedanklich oft unzulässig vermengte - Prozesse sauber auseinander zu halten, nämlich die Inflation selbst, und die ihr mit hoher Wahrscheinlichkeit folgende Währungsreform.

Inflation bezeichnet ein Überangebot an Liquidität, das - wie bei einer Versteigerung - dazu führt, dass der Preis der Handelsobjekte so lange steigt, bis der Liquiditätsüberschuss annähernd abgeschöpft ist. Dabei kann sich Inflation durchaus auf Teilmärkte beschränken, während auf anderen Teilmärkten stabile Preise oder gar Deflation zu beobachten sind. Die Ursache dafür ist bei näherem Hinsehen leicht zu verstehen:

Wird eine Inflation ausgelöst, weil - wie in der Vergangenheit durchaus auch geschehen - Löhne und Gehälter stärker wachsen als das Warenangebot, wird sich die Inflation zuerst auf den Konsumentenmärkten zeigen. Lebensmittel, Bekleidung, Unterhaltungselektronik, Möbel, Automobile und Reisen werden im Preis anziehen, bis Angebot und Nachfrage wieder einigermaßen im Gleichgewicht sind.

Wird eine Inflation ausgelöst, weil - wie derzeit zu beobachten - die Einkommensquellen der Reichen und Superreichen sprudeln, wird sich die Inflation primär auf den Märkten der Vermögensanlagen zeigen. Bebaute und unbebaute Grundstücke, Aktien und andere Finanzanlagen weisen Preis- bzw. Kurssteigerungen auf, die mit den erzielbaren Mieten oder Dividenden alleine überhaupt nicht zu erklären sind.

Natürlich greift die Inflation, wenn sie einigermaßen nachhaltig angelegt ist, über kurz oder lang vom Teilmarkt auf den Gesamtmarkt über. Inflation auf dem Konsumgütermarkt führt über steigende Preise automatisch zu steigenden Gewinnen, womit ein Teil der überschießenden Liquidität in den Markt der Vermögensanlagen verschoben wird und dort ebenfalls Inflation auslöst. Umgekehrt dauert es etwas länger. Die nahezu unbegrenzte Möglichkeit der Finanzwirtschaft, immer neue "Anlageprodukte" hervorzubringen, versperrt für geraume Zeit die Sicht auf die Inflation, weil der Preisanstieg dadurch verlangsamt und verschleiert wird, dass man den liquiditätsaufsaugenden Markt mit Hilfe immer neuer Produkten nicht nur in die Höhe (steigende Kurse), sondern auch in die Breite (immer mehr Anlageprodukte) wachsen lässt.

Bis der Kundschaft allmählich dämmert, dass der wuchernden Vielfalt der "Geldanlagen" nur eine begrenzte Menge realer Güter gegenübersteht, ist die Liquidität von jenem Schwarzen Loch, das in letzter Zeit gerne als "die Märkte" bezeichnet wird, längst aufgesaugt.

Letztendlich wird dies aber doch erkannt. Dann schwindet die Risikofreude, die Liquidität drängt zurück in die Sachwerte und kauft beinnahe wahllos alles auf, was es noch zu kaufen gibt - und da gibt es nur drei Kategorien:

  • Immobilien,
  • Rohstoffe und
  • Beteiligungen an krisenfesten Unternehmen.

Über diese Sachwertkäufe wandert, erst langsam, dann immer hektischer, die Liquidität aus der Sphäre der Finanzwirtschaft in die Sphäre der Realwirtschaft ab, bis selbst die übelste und in keiner Weise mehr nutzbare saure Wiese für Millionenbeträge pro Hektar den Eigentümer wechselt.

Mit dem Ausmalen und Detaillieren dieses Prozesses ließen sich viele Seiten füllen, aber das ist gar nicht erforderlich. Es kommt nur auf die Erkenntnis an, dass ein Liquiditätsüberschuss zu Preissteigerungen führt, die solange anhalten und um sich greifen, bis Angebot und Nachfrage wieder einigermaßen im Gleichgewicht sind.

Problematisch ist in diesem Zusammenhang die Rolle der Banken. Weil die Banken Sicherheiten nach aktuellen Preisen bewerten, ermöglicht Inflation stets auch die Ausweitung der Kreditversorgung. Banken schieben also immer noch Liquidität nach, wodurch die inflationäre Phase verlängert und die Inflation verschärft wird.

Fallen die Banken als Liquiditätsversorger aus - wie derzeit in der sog. Bankenkrise geschehen - springen die Staaten ein, indem sie sich bei den Banken verschulden. Das Argument, das dahin führt, ist eine ebenso einfache und unreflektierte Binsenweisheit, wie die eingangs zitierte Aussage "Gold ist ein Sachwert." Es lautet schlicht:

"Nichts ist schlimmer als Deflation."

Problematisch ist allerdings die Haltung, dabei die Augen fest vor den unumstößlichen Gesetzen der Mathematik zu verschließen und, sobald der exponentielle Charakter des Schuldenwachstums sichtbar wird, den Kopf bis zum Anschlag in den Sand zu stecken.

Denn sogar für Liquidität gilt:

Es ist nicht alles gut, was wächst. mehr bei Egon W. Kreutzer...



Quelle: Egon W. Kreutzer
Bild: pixelio.de

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